Frankreich ist allgemein bekannt für die Pariser „joir de vivre“ und seine liberale Gesellschaft. Nichtsdestotrotz zählen die französischen Cannabis-Gesetze auch 2021 noch zu den härtesten in ganz Europa. Doch das könnte sich schon bald ändern. Denn aktuell sorgt eine öffentliche Bürgerbefragung zum Thema Cannabis für große Aufruhr unter den Franzosen.
Frankreich kennt bei Cannabis kein Pardon!
Lange Jahre waren sich die französische Staats- und Regierungschefs zumindest in einer Sache einig: dem Widerstand gegen Cannabis. Dabei gingen sie nicht nur gegen Dealer, sondern auch gegen einfache Konsumenten rigoros vor. So kann im Falle einer Personenkontrolle durch die Gendarmerie ein einfacher Joint bereits empfindliche Strafen nach sich ziehen. Das französische Recht verbietet den Konsum oder den Besitz von Cannabis nämlich gänzlich und unterscheidet hierbei eben auch nicht zwischen Eigenbedarfsmengen und professionellem Handel mit dem grünen Kraut. Bei Anklage wegen Eigenbedarfs können sich Täter in Frankreich mit einer Geldstrafe von bis zu 3.750 Euro und einer Freiheitsstrafe von bis zu einem Jahr konfrontiert sehen. Sollte aus dem persönlichen Cannabiskonsum noch eine Gefahr für Andere hervorgehen, etwa im Straßenverkehr oder auf der Arbeit, wird es sogar noch krasser. Denn da drohen bis zu fünf Jahre Haft und schwindelregende Geldbußen von bis zu 75.000€.
Paradox: Ein Drittel des gesamten EU-Hanf’s wird in Frankreich angebaut
Auf politischer Ebene wird also mit harten Bandagen im Kampf gegen Cannabis gerungen. Dennoch sind die Franzosen paradoxer Weise europäischer Spitzenreiter im lukrativen Hanf-Anbau. Laut Aussage des französischen Branchenverbands (InterChavre) wurde 2019 auf etwa 17.900 Hektar Hanf angebaut. Und das alleine in Frankreich. In der gesamten EU waren es grade einmal 58.200 Hektar. So ist die Vermarktung derzeit auf Fasern und Samen vermarktet beschränkt. Dabei darf der Gehalt von Cannabis in Frankreich und des psychoaktiven Wirkstoffes Tetrahydrocannabinol lediglich unter 0,2 % liegen. Manche Produkte müssen sogar gänzlich frei von THC und CBD sein. So wird die vielseitige Cannabispflanze zwar zur Erfüllung der wirtschaftlichen Interessen einiger Lobbyisten genutzt, nur vor dem immensen Potential des grünen Tausendsassas verschließt man sich vor allem in der französischen Regierung mit eiserner Härte.
Frankreichs Cannabis-Gesetze – seit 1970 unberührt
Bereits im Sommer 2018 kündigte der ehemalige französische Gesundheitsminister Agnés Buzyn eine umfangreiche Gesetzesprüfung zum Thema Cannabis an. Nicht zuletzt um das arg geforderte Strafverfolgungssystem des Landes zu entschlacken. Denn mit jährlich über 100.000 Festnahmen alleinig bei Cannabis-Delikten sowie 54 Tonnen an sichergestelltem Gras, drohen nicht nur Frankreichs Zellenblöcke sondern auch die Asservatenkammern aus allen Nähten zu platzen. Die Euphorie über das heiß herbeigesehnte Ende dieser irrationalen Konsumentenverfolgung sprudelte. Selbst die französische Polizeigewerkschaft befürwortete eine zeitgemäße Überarbeitung der längst in die Jahre gekommenen Cannabis-Gesetze. Doch letzten Endes passierte nichts. Zwar eignete sich die umstrittene Cannabis-Thematik ideal um kräftig auf der politischen Bühne die Wahlkampftrommel zu rühren, bis heute greift in sämtlichen Cannabis-Fragen allerdings weiterhin der verstaubte französische Gesetzestext aus dem Jahr 1970.
Französische Cannabis-Revolution in 2021?
Doch damit soll nun Schluss sein: Allerhöchste Eisenbahn also diese rostig-restriktive Stigmatisierung im Kern zu überdenken. So zumindest klingt es aktuell wieder bei der Mehrheit des französischen Parlaments. Hier zeigt man sich zuletzt erstaunlich offen für die Vorteile eines legalen Umgangs mit Cannabis. So startete bereits am 13. Januar 2021 die Umfrage zum Thema Cannabis, welche die Regierung für die gesamte Bevölkerung Frankreichs in Auftrag gab. Im Wesentlichen befasst sich dieser online Fragebogen mit sämtlichen Aspekten zur Nutzung und Meinung gegenüber Cannabis. Doch der beinahe Sintflutartige Andrang sprengte selbst die kühnsten Erwartungen. Schon in der ersten Woche wollten weit mehr als 175.000 Franzosen ihren Dijon-Senf dazu abgeben. Die Nachfrage war zeitweise so immens, dass man sich gezwungen sah die Cannabis-Umfrage noch bis Ende Februar zu verlängern.
Nach einer intensiven Auswertungsphase, der bürgerlichen Begehren, folgt dann, im April, die umfangreiche Diskussion des Ausschusses über das weitere Vorgehen in Sachen Cannabis. Hierbei sollen laut aktuellem Informationsstand unter anderem die Grenzwerte für THC und CBD angehoben werden. Zusätzlich sollen sämtliche Bestandteile der Cannabispflanze bis hin zur Blüte, für kommerzielle und industrielle Zwecke freigegeben werden. Auch sei bereits, für die erste Jahreshälfte 2021, eine zwei-jährige Testphase zur kostenlosen Abgabe, von medizinischem Cannabis, an Patienten geplant. Die ersten Steine auf dem Weg zur Cannabis-Legalisierung in Frankreich scheinen bereits ins Rollen gebracht. Spannend bleibt jedoch ob daraus 2021 eine wahrhaftige grüne Revolution entspringt, oder abermals nur viel Rauch um Nichts verpufft.
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