Die meisten Verbote machen ja irgendwie Sinn. Wer schon mal betrunken war, weiß beispielsweise, dass es eine ganz, ganz schlechte Idee ist, in diesem Zustand ein Fahrzeug zu steuern. Keine Widerrede. Es gibt aber auch Verbote, die scheinen vollkommen unbegründet und ziemlich nutzlos zu sein. Das deutsche Cannabis-Verbot ist da ein gutes Beispiel.
Logischer Hintergrund für das Cannabis-Verbot? Denkste!
Man sollte meinen, dass das Ganze so ablief: Vor ein paar Jahrzehnten setzten sich einige kluge Wissenschaftler zusammen, entdeckten, dass Cannabis das Gehirn irreparabel schädigt und legten deshalb dem Gesetzgeber nahe, dieses Teufelszeug zu verbieten. Tja, stellt sich heraus: So schlüssig lief das ganz und gar nicht ab.
Harry Anslinger – das Gesicht hinter dem Cannabis-Verbot
Machen wir mal einen kurzen Abstecher in die USA des Jahres 1929. Die Alkoholprohibition ist grandios gescheitert und der Vorsitzende des Federal Bureau of Narcotics, Harry Anslinger, steht praktisch ohne Job da. Was macht der Leiter eines Ministeriums, der nichts mehr zu tun hat? Genau – er sucht sich einfach eine neue Substanz, die er verbieten kann. In diesem Fall eben Cannabis. Flugs werden Propagandafilme wie Reefer Madness produziert, die der Bevölkerung weismachen sollen, dass das Gras die keuschen Amerikaner in wilde Bestien verwandelt.
Wie Anslingers Propaganda die Cannabis-Debatte noch heute prägt
Gewürzt mit einer ordentlichen Prise Rassismus und Geschichten von Gewalttaten, die angeblich vom Kiffen herrühren, überzeugt Anslingers Propaganda die Amerikaner davon, dass Cannabis flächendeckend verboten werden muss. Jahrzehnte später wird Anslinger in die UN-Drogenkommission einberufen – und veranlasst 1961 eine Konvention gegen Cannabis, die alle Mitgliedsstaaten in ihren Strafgesetzen umsetzen müssen. Natürlich auch Deutschland. Die Idee eines einzigen Mannes prägt die Betäubungsmittelgesetze der ganzen Welt. Ein Unding, dass so viele Staaten noch heute an dem Verbot festhalten.
Cannabis-Konsum: Einst gesellschaftlich anerkannt, heute verboten
„Die Prohibition von Cannabis ist historisch betrachtet willkürlich erfolgt und bis heute weder intelligent noch zielführend“, so André Schulz, Vorsitzender des Bund Deutscher Kriminalbeamter in der ZEIT. Willkür ist hier das Stichwort. Anslinger hätte sich auch eine andere Substanz aussuchen können – man stelle sich vor, Tabak wäre heute verboten und Cannabis erlaubt. Es ist an der Zeit, das Cannabis-Verbot auch unter historischen Aspekten zu überdenken. Wir hoffen sehr, dass Bundesdrogenbeauftragte Marlene Mortler ihr absolut schlüssiges Totschlag-Argument “Cannabis ist verboten, weil es illegal ist” bald überdenken muss.
Beitragsbild: Kannahabe ja nõiakütt by Edward von Lõngus. Lizenz: CC BY-SA 4.0