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Drogenbericht 2021: Cannabiskonsum steigt weiter – kommt die neue Regierung gerade richtig?

Drogenbericht 2021: Cannabiskonsum steigt weiter – kommt die neue Regierung gerade richtig?
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Am 07. Oktober wurde der Jahresbericht 2021 der Drogenbeauftragten Daniela Ludwig vorgestellt. Auf insgesamt achtzig Seiten wird der aktuelle Stand der vier zentralen Schwerpunktbereiche der deutschen Drogenpolitik ausgeführt: Suchtprävention, Beratung und Behandlung, Schadensreduzierung und Angebotsminderung durch Strafverfolgung. Neben ein paar wenigen konkreten Handlungsstrategien werden viele Modellprojekte und Werbekampagnen vorgestellt, welche das Sucht- und Konsumverhalten der deutschen Bürger beeinflussen sollen. Wie bereits seit einigen Jahren nimmt der Tabakkonsum ab während Drogen wie Cannabis aber auch Kokain und Crystal-Meth an Beliebtheit gewinnen. Wir haben Euch alle wichtigen Fakten des aktuellen Drogenberichts zusammengefasst.

Tabakkonsum geht deutlich zurück 

Der Tabakkonsum in Deutschland geht seit Jahren zurück. Vor allem junge Menschen entscheiden sich immer häufiger dazu rauchfrei zu bleiben. Der Anteil der rauchenden Jugendlichen (12-17-Jährige) liegt nur noch bei 5,6 % und damit dreimal niedriger als noch vor 10 Jahren. Unter jungen Erwachsenen bis 25 Jahre konnte ebenso ein deutlicher Rückgang über die letzten 10 Jahre von 38,2 % auf 21,2 % verzeichnet werden. Diese Entwicklung ist als durchaus positiv zu beurteilen – sowohl auf der Ebene des Individuums als auch der Gesellschaft, denn die volkswirtschaftlichen Kosten des Rauchens belaufen sich jährlich in Deutschland auf stolze 97 Mrd €. 

Immer mehr Menschen konsumieren Cannabis

Cannabiskonsum ist für die vergangene Regierung nach wie vor ein Phänomen, das es mit strengen Gesetzen und intensiver Strafverfolgung zu bekämpfen gilt. Präventionsmaßnahmen in Form von Werbekampagnen werden an Schulen intensiviert, vermutlich als Reaktion auf den deutlich gestiegenen Anteil konsumierender Jugendlichen und jungen Erwachsenen. Diese Maßnahmen umfassen einerseits ein Veranstaltungsangebot, sowie Lehrfilme und Internetseiten auf denen Jugendliche aufgeklärt werden sollen. 

Die bisherige Repressionspolitik darf man wohl mit Hinblick auf die Konsumzahlen als gescheitert bezeichnen: unter den 18-25-Jährigen stieg der Cannabiskonsum von 15,3 % (2015) auf 24,1 % (2018/2019). Das ist ein Anstieg um fast 58 % in nur 3 Jahren. Die Zahlen beziehen sich auf Befragungen zur 12-Monats-Prävalenz, also dem Anteil der Befragten, der innerhalb eines Jahres mindestens einmal konsumiert hat. Wie bereits im Drogenbericht 2019 zu entnehmen, ist der Cannabiskonsum auch im vergangenen Jahr wieder in allen Altersgruppen signifikant angestiegen. 

Diskussion zur Verbreitung synthetischer Cannabinoide bleibt aus

Eine sehr beunruhigende Thematik im Bereich des Cannabis-Schwarzmarktes ist leider im diesjährigen Bericht der Drogenbeauftragten kaum diskutiert worden: die zunehmende Verbreitung synthetischer Cannabinoide. Diese künstlich hergestellten extrem starken Cannabinoide stellen eine besorgniserregende Entwicklung auf dem Schwarzmarkt dar und gefährden die Gesundheit von Millionen von Konsument:Innen. Der einzige Kontext in dem die synthetischen Cannabinoide genannt wurden, war im Zusammenhang mit dessen Aufnahme in das “Neue-psychoaktive-Stoffe” (NpS) Gesetz. Es wurden keine Maßnahmen oder Strategien zum Konsumentenschutz genannt oder in Aussicht gestellt. 

Erhebliche regionale Verfügbarkeitsprobleme von Substitutionstherapien

Dass Opioidabhängige besonderen Schutz durch Schadensreduzierung bedürfen ist eine klare Sache. Sie sind von allen Suchtkranken am stärksten von schweren gesundheitlichen Risiken durch verunreinigte Substanzen, Überdosierung oder Infektionen gefährdet. Hierzu hat sich die Substitutionstherapie als sinnvolles Mittel erwiesen um Konsument:Innen zu schützen und den Schaden durch die Sucht möglichst gering zu halten. Das generelle Nachwuchsproblem bei Ärzt:Innen wirkt sich leider auch auf die Verfügbarkeit von Substitutionsärtz:Innen aus, und damit auch auf die Verfügbarkeit von Substitutionsangeboten. Während der Corona-Pandemie wurden Gesetze gelockert, sodass Ärzte und Ärztinnen mehr Betroffene behandeln können, zum Beispiel durch die Freigabe der eigenverantwortlichen Einnahme außerhalb entsprechender Einrichtungen.

Mit Blick auf die regionalen Verfügbarkeiten von Substitutionstherapien fallen jedoch erschreckende Defizite laut aktuellen Drogenbericht auf: während in NRW 726 substituierende Ärzte und Ärztinnen insgesamt 26.041 Opioidabhängige behandeln, gibt es in ganz Brandenburg nur 17 subsituierende Ärzte, welche lediglich 114 Patient:Innen behandeln. Die Aufgabe der nächsten Bundesregierung wird es sein, diese Versorgungslücken zu schließen, um eine angemessene Versorgung von Opioidabhängigen flächendeckend zu gewährleisten – denn dieser Zustand ist inakzeptabel und gefährdet Menschenleben.

Mit der Maßnahme “Check-up 35” ist es nun jedem gesetzlich Versicherten Deutschen ab 35 Jahren möglich einmalig einen kostenlosen Hepatitis B und C Test zu erhalten. Diese Maßnahme soll ein Entgegenkommen für intravenös-konsumierende Opiodabhängige sein, um unentdeckte Infektionen zu identifizieren. Der Anteil an Hepatitis-C-Erkrankten unter ihnen liegt nämlich bei schockierenden 68 %. Es ist erschreckend, dass man sich mit einer derartigen Maßnahme schmückt – so würde man doch hoffen, dass kostenlose Hepatitis-Tests für Risikogruppen deutlich regelmäßiger zur Verfügung stehen würden?

Keine neuen Beratungs- und Behandlungsmaßnahmen vorgestellt

Die Handlungsmacht und Zuständigkeit für Suchtberatung und Behandlung liegt vollständig in der Hand von Ländern und Kommunen. Zu diesem sehr wichtigen Thema kann der Bund lediglich durch Rahmensetzungen und Modellprojekte beisteuern. Diese Aufgabenverteilung stellt ein strukturelles Problem in der Patientenversorgung dar, denn sie setzt voraus, dass auf kommunaler Ebene ausreichend Fachwissen und Fachpersonal zur Verfügung steht, um Beratung und Behandlung von Suchtkranken durchzuführen. Es wirkt, als ob Verantwortungen billigend abgegeben werden, um sich nicht mit dem Thema beschäftigen zu müssen – das Resultat sind Stagnation und Handlungsohnmacht. Das Kapitel “Beratung und Behandlung” füllt gerade einmal drei Seiten des Drogenberichts und selbst diese drei Seiten sind durch QR-Codes und großgedruckte Zitate von Daniela Ludwig künstlich aufgefüllt. Dafür, dass der Bereich “Beratung und Behandlung” als eines der zentralen Schwerpunkte deutscher Drogen- und Suchtpolitik angepriesen wird, ist er dieses Jahr ziemlich mager ausgefallen.

Unsere Kritikpunkte zum Drogenbericht des letzten Jahres können wir dieses Jahr leider nur wiederholen: der Drogenbericht 2021 gleicht mehr einer Selbstbeweihräucherung der Drogenbeauftragten als einem seriösen Jahresbericht. Achtzig Seiten wurden auf wundersame Weise durch viele bunte Bildchen und Eigenzitate gefüllt, welche an wissenschaftlichen Gehalt nur so sprühen, wie: “[…] Dass wir Pfeifentabak jetzt deutlich höher besteuern, ist extrem sinnvoll. Denn Wasserpfeifen zu rauchen ist viel schädlicher, als die meisten denken.” (Daniela Ludwig – Jahresbericht 2021). Diese vielen künstlichen Ausschmückungen sind vermutlich ein Mittel, um fehlende Inhalte zu kompensieren. Ob es verwunderlich ist, dass eine Juristin mit vorangegangen Politik- und Amerikanistikstudium ohne jegliche Fachqualifikation den Posten der Sucht- und Drogenbeauftragten nicht befriedigend erfüllt, ist die Frage. Daniela Ludwig selbst stellte das Ausbleiben jeglicher Qualifikation für ihren Posten öffentlich als positiv dar: “Gerade weil Sucht so viele Menschen in diesem Land betrifft, ist es gut und richtig, unvoreingenommen auf das Thema zu schauen”.

Würde man diesen Gedanken zu Ende führen könnte man eine Krebsoperation ebenso gut von einem Elektriker durchführen lassen – denn Krebs betrifft ebenso viele Menschen, trotzdem würde hier keiner die Verantwortung an einen Laien abgeben. Dass wir heute mit unserer Sucht- und Drogenpolitik da stehen, wo wir es tun, hat vermutlich auch damit zu tun, dass bisherige Regierungen es nicht für nötig empfunden haben, dieses Amt mit qualifizierten Personen zu bekleiden. Wir sind zuversichtlich, dass die nächste Bundesregierung dem Thema Sucht und Drogenkonsum mehr Aufmerksamkeit widmen wird. Es braucht konstruktive, nachhaltigen Lösungen für einen reflektierten Umgang mit Drogen, denn die Prohibition ist offensichtlich gescheitert.

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