#CannabisFrontal: Aktueller Stand zur geplanten Legalisierung
Das Thema ist seit Wochen dasselbe, und trotz der Dringlichkeit, kann man die ewig selbe Laier kaum noch hören. Entkriminalisierung sofort! Entlastung von Polizei und Justiz jetzt! Schluss mit der Stigmatisierung von Kiffern! Alles wichtig, alles wahr; doch von den Entscheidungsträgern meldet sich keiner zu Wort, und so gären wir weiter in der Suppe unserer Argumente. Am Dienstag waren die Einschaltquoten hoch, als sich das ZDF-Magazin Frontal unter dem Titel “Cannabis-Legalisierung – warum dann jetzt noch Kiffer jagen?” dem Thema zuwandte. Ob wir jetzt schlauer sind…?
Was’ denn jetzt mit Entkriminalisierung?!
Im Interview kam der Geschäftsführer von Demecan, einem Unternehmen für medizinisches Cannabis, Dr. Adrian Fischer zu Wort, der sich zwar nicht zur Entkriminalisierung äußert, an der baldigen Legalisierung dafür jedoch umso mehr Interesse hat. Dieser berichtete nicht nur davon, dass “sein” Weed pestizidfrei wächst, da man bei Demecan auf Raubwanzen setzt, sondern auch, dass er auch den Freizeitmarkt in Deutschland zukünftig gerne mit seinem Produkt versorgen würde. Er schätzt, dass es in der zweiten Hälfte des nächsten Jahres so weit sein wird; ob Freizeitkiffer, wie er sagt, jedoch wirklich kein besseres Gras bekommen können, wagt sicher der eine oder andere Homegrower zu bezweifeln.
Experten einig
Justus Haucap, Ökonomieprofessor an der Heinrich-Heine-Universität Düsseldorf spricht im Interview über die wichtigste Studie zu den wirtschaftlichen Folgen der Legalisierung, welche an seiner Uni durchgeführt wurde. Er sagt ganz klar, die Strafverfolgung sei unsinnig, da die Kiffer sich im Höchstfall selbst schädigten. “…da muss man sie ja nicht auch noch mit Strafen belegen.”, sagt er, und bemängelt noch einmal, wieviel unnötiger bürokratischer und finanzieller Aufwand betrieben würde, da viele Verfahren ohnehin wieder fallen gelassen würden.” Die Studie zeigt, dass bei der Polizei eine Milliarde Euro, und bei Gerichten noch einmal 300 Millionen Euro eingespart werden könnten; außerdem könnte die Justiz ihre Kapazitäten für schlimmere Straftaten verwenden, so Haucap. Die Legalisierung bräuchte neue Gesetze, doch für die Entkriminalisierung müsste man nichts tun, als Tätigkeiten einzustellen. Es gibt also auch in den Augen Haucaps keinen Grund, nicht sofort zu entkriminalisieren.
Und natürlich kommt momentan kein Magazin, dass über Cannabis in Deutschland berichtet, an Jugendrichter Müller vorbei. Auch er spricht sich nochmals deutlich für die Entkriminalisierung aus, betont ihre Vorteile und fügt hinzu: “Es ist ganz einfach, man führt einfach einen Paragraphen ein, und der heißt schlicht und einfach: Bis zu 30g darf jeder Deutsche Bundebürger besitzen.”
Tja, bei dreimal “einfach” in einem Satz, kann es doch wirklich nicht so schwierig sein.
Politik wortkarg
1,3 Milliarden Euro an Steuergeldern könnten eingespart werden, beendete die Politik endlich diese sinnlose Überlastung der Polizei und Gerichte. Jetzt, wo die Legalisierung beschlossene Sache ist, wäre das die logische Konsequenz. Niemand kann wollen, dass Menschen weiterhin zu Unrecht stigmatisiert, kriminalisiert und bestraft werden, oder?
Diese Frage richtete das Frontal Magazin an drei entscheidende Politiker, die Licht ins Dunkel bringen sollten, und es geschah – nichts.
Die Antwort von Marco Buschmann (Bundesminister der Justiz, FDP) lautete schlichtweg: “Die Strafvorschriften des BtmG fall in die Zuständigkeit des Bundegesundheitsministeriums.” Damit war die Sache für ihn offenbar erledigt. Die Antwort von Herrn Lauterbach fiel auf “Leider muss ich ihnen absagen.” aus, und Burkhardt Blienert antwortete zwar, äußerte sich aber nicht zum Thema. Warten auf Godot.
Lauterbach unter politischem Druck
Geäußert wurde sich zwei Tage später dann doch noch, und zwar dem Redaktionsnetzwerk Deutschland gegenüber. Nachdem lange Corona und andere Themen im Vordergrund standen, drängt die Koalition nun auf ein Cannabiskontrollgesetz. Nachdem Karl Lauterbach (SPD) den Gesetzesentwurf für die zweite Jahreshälfte dieses Jahres angekündigt hatte, sich aber nichts tat, beantragten Paula Piechotta (GRÜNE), Svenja Stadler (SPD) und Karsten Klein (FDP) eine Sperre bestimmter Gelder des Ministeriums. Diesem Antrag wurde stattgegeben, sodass der Beschluss des Haushaltsausschusses darauf lautet, eine Million Euro, die dem Gesundheitsministerium für Öffentlichkeitsarbeit zur Verfügung ständen, zurückgehalten werden, bis der Gesetzentwurf vorliegt. Hintergrund der plötzlichen Dringlichkeit ist der Umstand, dass die Gelder für das Vorhaben ansonsten verfielen. „Wir müssen als Ampel jetzt auch die Gesundheitsprojekte im Koalitionsvertrag neben der Corona-Bekämpfung angehen und zügig umsetzen“, erklärte Paula Piechotta (Grüne) gegenüber dem Redaktionsnetzwerk Deutschland (RND). Das wäre wünschenswert, Frau Piechotta.