Das liberale Tschechien: Bald auch legal?
Dass Tschechien, vor allem Prag, eine Reise wert ist, da sind sich wohl die meisten Menschen einig. Prag ist nicht nur schön, und hat eine interessante Kulturszene, es ist auch bekannt für seinen liberalen Umgang mit Drogen. Ob Absinth Bars, Spacecookies oder Weed, der Drogentourismus boomt in Tschechien schon lange, und nun wirft man im Land der Burgen und Schlösser einen interessierten Blick auf unsere Legalisierungspläne.
“Eine Menge, nicht größer als klein”
Dieser liebenswerte Satz reguliert im Paragrafen 284 des Strafgesetzbuches die geringe Menge, die im tschechischen Gesetz seit der Entkriminalisierung im Jahr 2010 straffrei ist. Allerdings hat er auch zu Debatten geführt, da unklare Gesetze gerne zu sehr unterschiedlichen und oft unverhältnismäßigen Urteilen führen. So entschied das Gericht, dass “eine Menge nicht größer als klein” 15 Gramm, und 5 Pflanzen im Eigenanbau bedeutet, die fortan nur noch als Ordnungswidrigkeit geahndet, und mit einer Geldstrafe belegt werden können. Später senkte man die Menge aufgrund des stetig steigenden THC-Gehalts auf 10 Gramm. Laut der UN-Organisation für Drogen und Verbrechensbekämpfung ist Cannabis in Tschechien sehr viel weiter verbreitet als hierzulande; ein Prager Jugendlicher verriet der Tagesschau im Interview, dass 60-70% seines Freundeskreises kifften.
Auch Cannabis zu bekommen sei in Prag kein Problem, versicherten er und seine beiden Freunde (14-16 Jahre) während des Gesprächs. Sicher haben die Drei damit nicht das Weed gemeint, dass man in Tschechien legal erwerben darf – dieses hat zwar mehr THC als es in Deutschland zugelassen wäre, doch bei einem Prozent, wird das wohl kaum den erwünschten Rausch bescheren. Wahrscheinlicher ist es, dass sie in einem der unzähligen Weed-Shops eingekauft haben, die seit 2010 in der ganzen Stadt aufpoppen, und manchmal ebenso schnell wieder verschwinden. Auf Nachfrage bekommt man laut ARD in keinem der Shops eine Auskunft zur Herkunft, oder der Kontrolle des THC-Werts. Mysteriös!
Auskunft über das Kaufverhalten der Kundschaft bekommt man allerdings schon. Die Touris, die ungefähr die Hälfte der Kundschaft ausmachen, verhalten sich wahrscheinlich nicht anders als in holländischen Coffeeshops – sie probieren alles durch. Die Einheimischen, sicher ebenfalls vergleichbar, wissen genau was sie wollen. Das spricht dafür, dass die Versorgung mit, und die Kompetenz für Cannabis vorhanden sind; warum also ist der Kram nicht legal?
Die Weed-Piraten
Seit Jahren versucht man sich in Tschechien immer wieder an Legalisierungsinitiativen – bisher vergebens. Erst im letzten Jahr scheiterte die Piratenpartei im Parlament mit einem solchen Antrag. Seit Dezember ist die Piratenpartei nun aber Teil der Regierungskoalition, was ihre Chancen ungemein steigert. Die kleinste und gleichzeitig liberalste Regierungspartei legte ihren neuen Ansatz in diesem Jahr bei einem Runden Tisch vor, und strebt nicht weniger an als “eine umfassende Regulierung nach dem Vorbild von Kanada oder den USA”. Rückenwind bekommen sie hierfür vom Gesundheitsminister Jindrich Voboril, welcher zu dieser Angelegenheit bereits mit dem konservativen Regierungschef Petr Fiala gesprochen hat.
Voboril ist der Meinung, dass ein streng regulierter Markt mehr Möglichkeiten zur Prävention und Kontrolle bietet als der derzeitige Ansatz. Besonders was Herstellung und Verkauf von Cannabis-Produkten betrifft, erhofft er sich mehr Einfluss. Und offensichtlich weiß der gute Mann, wie man einem konservativen Regierungschef eine Legalisierung schmackhaft macht, denn in einem sind sie sich einig: Die deutsche Legalisierung bietet große wirtschaftliche Möglichkeiten. Rund 100 tschechische Unternehmen wären in der Lage, Cannabis nach Deutschland zu exportieren, doch dafür müsste man erstmal die Gesetze zum Umgang mit potentem Cannabis im eigenen Land (Tschechien) anpassen. Wir harren der Dinge, die da kommen mögen.