Mitte September 2021 gab die Stadt Zürich bekannt, dass sie voraussichtlich ab Herbst 2022 ein Pilotversuch zur regulierten Abgabe von Cannabis an Erwachsene starten wird. Bei dem Pilotprojekt handelt es sich um eine dreieinhalbjährige Studie, die in Zusammenarbeit mit der Psychiatrischen Universitätsklinik Zürich durchgeführt werden soll. Dafür ist die Stadt Zürich derzeit auf der Suche nach Apotheken, sowie Interessenten für die Eröffnung von sogenannten „Social Clubs“, in den die regulierte Abgabe von Cannabis an die Studienteilnehmer*innen erfolgen soll. Die Züricher Studie ist Teilprojekt einer bundesweiten Studie zur kontrollierten Abgabe von Cannabis, die in den Städten Basel, Bern, Genf, Luzern und Zürich durchgeführt werden soll.
Studie soll Grundlage für zukunftsorientiere Cannabis-Gesetzgebung liefern
Die Studie „Züri Can – Cannabis mit Verantwortung“ ist das Resultat langjähriger Bemühungen verschiedener Akteure für einen sachlichen und möglichst risikoarmen Umgang mit Cannabis. Der Weg zu dieser Studie wurde durch eine Änderung des Schweizer Betäubungsmittelgesetzes geebnet, die Mitte Mai dieses Jahres in Kraft getreten ist. Auf dieser Basis werden im Rahmen der „Züri Can“ Studie verschiedene Konzepte der regulierten Cannabisabgabe und die damit verbundenen Auswirkungen auf die Gesundheit und das Konsumverhalten der Teilnehmenden untersucht. Die Stadt Zürich formuliert die Ziele ihrer Studie wie folgt: „Die Studie soll der Förderung der öffentlichen Gesundheit, der Aufrechterhaltung der öffentlichen Sicherheit und der Unterstützung des Jugendschutzes dienen. Zudem soll die Studie Grundlagen für eine zukunftsorientierte Cannabis-Gesetzgebung auf Bundesebene liefern.“
Verschiedene Abgabemodelle sollen Aussagekraft der Daten erhöhen
Die Züricher Studie wird sich zwei verschiedenen Bezugsmöglichkeiten für Konsument*innen bedienen. Einerseits ist geplant die Cannabisrationen über Apotheken auszuhändigen, die zweite Bezugsmöglichkeit sollen sogenannte „Social Clubs“ sein. Dadurch erhoffen sich die Studienplaner wertvolle Rückschlüsse auf unterschiedliche Konsumentengruppen. Den Betreibern der Bezugsstellen soll dabei viel Freiraum bei der Gestaltung der Ausgabestätten gegeben werden, sodass eine möglichst realitätsnahe Form der regulierten Cannabis-Abgabe erforscht werden kann. Zentral bei den verschiedenen Modellen ist herauszufinden, welche Ausgabestätten das langfristige Ziel der Studie, also die Förderung der öffentlichen und individuellen Gesundheit und Sicherheit, am besten unterstützen. Bei beiden Konzepten sollen die gesundheitlichen Risiken für die Teilnehmenden möglichst geringgehalten werden. Den Konsument*innen steht dabei zu jederzeit eine Studienärztin oder ein Studienarzt zur Verfügung.
Hohe Qualitätsstandards der Produkte sollen risikoarmen Konsum sichern
Im Rahmen der Studie sollen die Konsument*innen die Möglichkeit bekommen, unter Produkten mit verschiedenen THC/CBD-Gehalt zu wählen. Dadurch soll den Teilnehmer*innen auch ein Umstieg auf ein risikoärmeres Produkt während der Studiendauer ermöglicht werden. Grundsätzlich werden Cannabisprodukten mit einem hohen THC-Gehalt höhere Risiken nachgesagt als Produkten mit niedrigerem THC und höherem CBD-Gehalt. Cannabis vom Schwarzmarkt enthält nur sehr selten einen CBD-Anteil von mehr als 1 %, dafür umso mehr THC. In letzter Zeit häufen sich bedauerlicherweise Berichte zu Cannabisprodukten vom Schwarzmarkt, welche mit gefährlichen synthetischen Cannabinoiden versetzt werden. Diese künstlichen Cannabinoide werden mit erhöhten gesundheitlichen Risiken assoziiert. Davor sind die Studienteilnehmer*innen selbstverständlich vollständig geschützt. Die Studie soll einen bewussten und sicheren Umgang mit Cannabis durch transparente Angaben zu Inhaltsstoffen und die Sicherung einwandfreier Qualität ermöglichen. Zur Beurteilung der Entwicklung der gesundheitlichen und sozialen Situation der Konsumierenden sollen regelmäßige Befragungen durchgeführt werden.
Schweizer Studie kann wertvollen Beitrag zur Datenlage liefern
Es ist zu erwarten, dass die Schweizer Studie wertvolle Daten für die Beurteilung der Auswirkungen einer kontrollierten Abgabe von Cannabis liefern wird. Obwohl Cannabis bereits in einigen US-Bundesstaaten und Kanada vollständig legalisiert worden ist, ist die Datenlage schwierig zu interpretieren. Eine Übersichtsstudie der kanadischen Universität Toronto warnt vor der Diversifizierung von Cannabisprodukten, die die Legalisierung in den besagten Regionen ermöglichte. Die Legalisierung in Kanada und den USA erfolgte ohne strenge Regulation und ermöglichte dadurch auch den legalen Erwerb von sehr starken Cannabisprodukten die teils zu schwerwiegenden medizinischen Vorfällen führten. Die Autoren warnen vor dem Verkauf dieser hochpotenten Produkte und warben für einen dynamischen Produktvertrieb in starker Anlehnung an die jeweilige Datenlage. Sie schlussfolgern, dass ein möglichst sicherer Konsum nur ermöglicht werden kann, wenn die Produkte einerseits bezüglich empfohlener Dosierung und möglicher Risiken entsprechend ausgewiesen werden und andererseits einer regelmäßigen Prüfung auf Sicherheit unterzogen werden. Diese Prüfung soll durch eine möglichst umfangreiche Datenerfassung zu den einzelnen Produkten ermöglicht werden. Die Schweizer Studie könnte hier eine wertvolle Ergänzung der Datenlage liefern, bei der zwischen der Abgabe verschiedener Produkte und deren Auswirkungen auf die soziale und gesundheitliche Situation der Konsument*innen unterschieden werden kann.