Wissenschaftler haben Hefeorganismen so manipuliert, dass sie Wirkstoffe aus der Cannabispflanze produzieren. Die Mikroorganismen können nun THC, CBD und sogar gänzlich neue Cannabinoide herstellen.
Cannabinoide, die chemischen Verbindungen, die in der Hanfpflanze vorkommen, werden derzeit immer weiter erforscht und teilweise bereits in der Medizin erfolgreich eingesetzt. Beispielsweise ist das Mundspray Sativex mit einer Kombination der Wirkstoffe THC (Delta-9-Tetrahydrocannabidiol) und CBD (Cannabidiol) in mehreren Ländern zur Behandlung von Schmerzen im Zusammenhang mit Multipler Sklerose zugelassen. CBD hilft außerdem bei seltenen Formen der Epilepsie. Weitere Behandlungsmöglichkeiten, auch bei anderen Krankheitsbildern, werden noch untersucht.
Allerdings werde die Erforschung und medizinische Anwendung durch strenge Gesetze behindert, schreibt eine Forschergruppe der University of California in Berkeley im Fachmagazin „Nature“. Auch wenn der Anbau in einigen Ländern und mehreren US-Bundestaaten inzwischen erlaubt ist, bliebe er dennoch streng reglementiert. Schließlich ist das psychoaktive THC mit seiner berauschenden Wirkung global noch überwiegend illegal.
Die Kultivierung der Cannabispflanze ist zudem sehr aufwendig, schlecht für die Umwelt und kostet teilweise extrem viel Energie. Einige Cannabinoide kommen nur in sehr geringer Menge im Hanf vor und die Konzentration schwankt mitunter stark, was die Isolierung für wissenschaftliche Zwecke erschwert. Die kalifornischen Wissenschaftler um Jay Keasling, Professor für Biomolekulartechnik, haben nun einen Weg gefunden, die begehrten Cannabinoide mithilfe von Hefeorganismen zu produzieren.
Hanf-Gene in manipuliertem Hefe-Erbgut
Keasling und seine Kollegen haben die Stoffwechselprozesse in Bierhefe gentechnisch manipuliert. Sie setzten fünf verschiedenen Bakterienarten und Gene aus der Cannabispflanze selbst in das Erbgut der Hefe ein. Auf diese Weise konnte sie einfachen Galaktose-Zucker in ein Vorläufer-Molekül für die Cannabinoid-Synthese umwandeln. Aus der sogenannten Olivetolsäure machte der Hefeorganismus schließlich CBGA (Cannabidiolsäure). Dieser Stoff wird als die Mutter aller Cannabinoide bezeichnet. Mittels spezieller Enzyme konnte CBGA in die Cannabinoidsäuren THCA und CBDA umgewandelt werden, die unter Einfluss von Licht und Wärme zu THC und CBD reagieren. Auch die eher unbekannten Verbindungen CBDV (Cannabidivarin) und THCV (Tetrahydrocannabivarin) konnten so produziert werden.
Dem Forscherteam gelang es außerdem, natürliche Cannabinoide abzuwandeln und somit künstliche Cannabinoide herzustellen, die in der Cannabispflanze gar nicht vorkommen. Dafür nahmen sie Fettsäuren als Nahrungsbasis für die Hefestämme anstelle des sonst verwendeten Galaktose-Zuckers.
Viele andere Substanzen und Medikamente werden bereits mithilfe von Bierhefe produziert. Dazu zählt das menschliche Wachstumshormon Insulin, Blutgerinnungsfaktoren sowie Morphium und andere Opiate.
Titelbild © Microgen – stock.adobe.com